Gelber Unimog

Von Kanada bis Feuerland in 365 Tagen

Bolivien 24. Februar 2015

Filed under: Allgemein — tichyx @ 15:22

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Die Grenzpassage von Peru nach Bolivien bricht alle Rekorde: maximal schnell (ca. 30 Min. komplett) und maximal unfreundlich. Die drei „netten“ bolivianischen Grenzer am Schlagbaum (s. Foto) sind die Gleichen, die uns die Stempel in die Pässe geknallt haben, d.h sie wissen, dass wir jetzt mit dem Mog die Schranke passieren müssen. Obwohl wir direkt hinter ihnen und mit laufendem Motor warten, irgnorieren sie uns. Erst nach einer Aufforderung bewegen sie den Schlagbaum in Zeitlupe 3cm zur Seite ohne sich umzusehen. Nachdem wir uns mit dem Mog durch den eigentlich viel zu engen Durchlass gequetscht haben, geht das Spiel 10 Meter weiter wieder von vorne los: Es stehen Hütchen auf der Strasse und versperren die Durchfahrt. Alle Drei auf der Stange sehen absichtlich weg. Auch hier schleppt sich ein Beamter erst nach einer freundlichen Aufforderung zur Strassensperre und kickt ein Hütchen zur Seite. Na, da fühlt man sich ja gleich richtig wilkommen in Bolivien.

Ganz anders begegnen uns die Menschen hinter der Schranke: herzlich und sehr gastfreundlich. Unsere Verhandlungen beim Geldwechseln enden jedenfalls in viel Gelächter und fröhlichen Bemerkungen. Auf den ersten Metern ist unser Eindruck, dass die Menschen interessierter und einladender sind, als noch in Peru (mal von den Grenzern abgesehen). Unser erster Stop kurz hinter der Grenze ist der Ort Copacabana. Wir übernachten im Hof des Hotels „Gloria“, direkt am Ufer des Titicacasees. Ein charmantes Haus mit viel Patina und dem 60er Jahre Charme des Gardasees.

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Auf der Holztitanic zum Käsefondue

Durch die dünne Luft auf 4000m Höhe machen wir uns auf den Weg Richtung La Paz. Hier auf den Hochebenen der Anden ist die Luft unglaublich klar und die Fernsicht scheinbar unendlich. Auf wunderschönen Serpentinen schlängeln wir uns durch bis zum Ort Desaguadero. Hier müssen wir an einer schmalen Stelle den Tititicacasee überqueren. Mit dem Verschiffen des Mogs haben wir in der Vergangenheit ja recht unterschiedliche Erfahrungen gemacht und sind deshalb erst mal skeptisch. Die uralten Holzkähne sehen auf den ersten Blick nicht so aus, als könnten sie einen LKW tragen. Die Fährboote werden mit ein paar winzigen Metallwinkeln zusammengehalten, der Rest der Planken ist nur gesteckt. Und als wir den Mog über dicke Holzbohlen auf den Kahn manövrieren, geben die Planken unter uns gewaltig nach. Der Kahn verwindet sich über die gesamte Länge und wird krumm. Vor uns steht bereits ein Reisebus auf der kleinen Holztitanic und es knarzt gewaltig im Gebälk. Jetzt heisst es vertrauen und nicht zuviel nachdenken. Mit Hilfe eines winzigen Außenbordmotors wird der Tonnenschwere Kahn über den See gesteuert. Im Minutentakt kommen uns andere Transportkähne entgegen und deren Wellen bringen unsere Fähre gewaltig zum Verwinden. Die Spalten der einzelnen Holzverstrebungen öffnen und schließen sich fingerbreit! Nach etwa 20 Minuten ist der Spuk vorbei und heil überstanden – wir haben wieder festen Boden unter den Füßen.

Nach La Paz ist es nicht mehr weit. Dort angekommen unternehmen wir unsere übliche Stadtrundfahrt, indem wir uns total verfahren und so unfreiwillig die komplette Innenstadt von La Paz durchqueren bis wir das Hotel Oberland erreichen. Das Oberland ist unter schweizer Führung und ein beliebter Treffpunkt für Reisende mit dem eigenen Fahrzeug. In dem kleinen Innenhof treffen wir alte Bekannte wieder, mit denen wir bereits in Cusco gemeinsam auf dem Campingplatz gestanden haben. Von hier starten wir verschiedene Touren in die Stadt und in das Valle da Luna, eine vom Regen geformte Canyonlandschaft mit surrealen Formen und Auswaschungen. Im Restaurant des Hotels nutzen wir die seltene Gelegenheit und gönnen uns zum Abschied ein Käsefondue.

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Geiersturzflug

Wir möchten abseits der großen Routen das versteckte Bolivien in den Bergen kennenlernen. Deshalb machen wir uns auf den Weg zur Thermalquelle Urmiri, die in versteckten Tälern der Anden liegt. Es geht viele Stunden über extreme Bergpisten und spektakuläre Pässe. Hinter jeder Kurve wartet eine völlig neue Landschaft, mit neuen Farben und anderen Formationen auf uns. Und es ist richtig Arbeit, den großen Mog durch die winzigen Serpentinen zu kurbeln. Am Rand der Piste sehen wir ab und zu Bauern, die an den Hängen winzige Felder bewirtschaften und es kommt mehrmals vor, dass wir freundlich herangewunken werden, um bei ihnen zu Gast zu sein. Nachdem wir fast den ganzen Tag gefahren sind, endet unser Ausflug leider vor einem Tunnel, der an einer Stelle ein paar Zentimeter zu niedrig für unser Fahrzeug ist. Alles rangieren nützt nichts und wir müssen eine andere Abzweigung nehmen. Wir weichen nach links aus und nehmen eine andere Piste. Im riesigen Tal des Sapahaqui bleiben wir auf einer grauen und surreal wirkenden Lehmlandschaft stehen. Weit und breit sind wir die einzigen Menschen und wir genießen es, endlich wieder frei übernachten zu können. Ein älteres Bauernpaar kommt nach einiger Zeit vorbeigeschlendert und begrüßt uns freundlich. Sie möchten wissen, ob es uns gut gefällt und wünschen uns eine ruhige Nacht, der Platz sei sehr „tranquilo“. Sie waren wahrscheinlich neugierig, welches Ufo da in ihrem Vorgarten gelandet ist. Im Sonnenuntergang machen wir noch einen kleinen Spaziergang durch diese fremdartige Landschaft und haben dann tatsächlich eine sehr ruhige Nacht. Am nächsten Morgen kämpfen wir weiter mit den extrem steilen und engen Serpentinen. Die Wege sind nur grob in den Fels gehauen und bei den engen Kehren geht es mit den Hinterrädern oft quer über die Felsen und gefährlich nah an den Abgrund. Es ist eine mühselige Kletterarbeit, die aber eine Menge Spaß macht.

Ein Raubvogel segelt ins Blickfeld des Beifahrerfensters und dreht dann scharf, ganz knapp vor der Windschutzscheibe, ab. Er landet, setzt sich etwa 50 Meter vor uns auf den Seitenstreifen und wartet bis wir vorbei gefahren sind. Wir bewundern den schönen Vogel am Strassenrand und denken uns nichts weiter dabei. Eine Minute später ist der Vogel wieder da. Zuerst fliegt er wieder einige Sekunden dicht neben uns, um dann wieder direkt vor dem Mog zu kreuzen und sich einige Meter weiter an den Strassenrand zu setzen. Als wir vorbeifahren sieht er uns direkt an. Seltsam. Es wirkt fast so, als wollte er uns zum Anhalten auffordern. Eine Minute später wieder das gleiche Spiel. Der Vogel will uns eindeutig etwas mitteilen. Vielleicht sind wir in der Nähe seines Nestes und er will uns ablenken..? Als er das Manöver zum vierten Mal ausführt und vor uns am Strassenrand sitzt, halten wir an. Er kommt unter das Fahrerfenster gehüpft und sieht uns auffordernd an. Hm. Vielleicht einen Kräcker? Wir werfen ihm einen Kräcker hin und als er sich sofort auf ihn stürzt, ist klar, was er von uns will. Nach drei Kräckern denken wir, dass er genug von dem salzigen Zeug hat und wir im Gegenzug genug Fotos von ihm. Aber eine große Frage bleibt: wie hat er das gelernt? Wir sind seit Tagen das einzige Fahrzeug in dieser Gegend, auf diesen Wegen gibt es praktische keinen Verkehr und nur sehr selten Menschen… Schlauer Piepmatz. Am Abend suchen wir uns ein schönes Plätzchen am Lago Uru-Uru und geniessen diese anmutige und weite Landschaft. Wir kochen draußen und bestaunen den spektakulären Himmel über uns.

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Salzseesymbiose

Unser nächstes Ziel ist der Salar de Uyuni, der größten Salzsee der Welt auf 3650m Höhe. Der Weg dorthin führt uns wieder durch eine sensationelle Landschaft, Dünen und farbige Felsen, am Himmel seltsame Regenbogenformationen und keine anderen Fahrzeuge weit und breit. Als wir den kleinen Ort Uyuni erreichen treffen wir auf Rosita und Manfred, die bereits seit 4 Jahren mit ihrem Magirus unterwegs sind. Wir verabreden uns, um gemeinsam auf den Salzsee hinaus zu fahren, denn es kommt immer wieder vor, dass Fahrzeuge durch die Salzkruste brechen. Auf unserer ersten Unimogtour im Jahr 2000 sind wir in Tunesien mitten auf einem Salzsee stecken geblieben und da wir alleine waren, konnte der Mog nur mit Hilfe eines Baggers befreit werden. Das war ziemlich peinlich und auch teuer und solche Fehler macht man nur ein Mal.

Am Stadtrand von Uyuni gibt es einen alten Eisenbahnfriedhof und dort treffen wir zufällig die ganze Truppe vom Campingplatz in Cusco und La Paz wieder. Wir beschließen den Salzsee und die anschließende Lagunenroute bis nach Chile gemeinsam zu fahren. Die Lagounenroute ist eine Offroadstrecke durch das Hochland und es gibt unzählige Pisten, Abzweigungen und Möglichkeiten sich zu verfahren oder stecken zu bleiben. Insgesamt sind wir 5 Fahrzeuge: ein Landrover mit Conny & Lutz aus Jena (+ Dongo, der etwa Pferdgroße Riesenschnauzer), ein MAN mit Susanne und Ernest aus der Schweiz, ein Fiat Ducato ohne Allrad mit Jonathan aus der Schweiz (angeblich ist die Lagunenroute nur mit Geländefahrzeugen zu bewältigen, das wird also spannend), der Magirus mit Rosita & Manfred und wir mit dem Unimog. Unsere kleine Wagenburg bietet etwas Schutz gegen den kalten Wind und so machen wir es uns im Sonnenuntergang noch gemütlich und besprechen die Route für die nächsten Tage.

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Warmes Eis

Am nächsten Morgen geht es früh los. Wir haben zum Glück die Tanks voll, denn im gesamten Ort gibt es keinen Diesel. Susanne und Ernest haben das beste Kartenmaterial und fahren mit dem MAN voraus. Der MAN ist auch das schwerste Fahrzeug und wo der drüberkommt, brechen auch die anderen nicht ein. Wir bilden mit dem Mog die Nachhut, da der Mog die besten Möglichkeiten bietet ein „versenktes“ oder feststeckendes Fahrzeug zu bergen. In der Mitte fahren Conny und Lutz mit dem Landi und Jonthan mit dem Fiat. Der Salzsee ist strahlend weiß bis zum Horizont und ohne starke Sonnenbrille können wir kaum etwas sehen. Durch die dünne Luft in der Höhe überstrahlt die Landschaft regelrecht und die Farben treten extrem hervor. Das Gefühl hier einfach querfeldein zu fahren ist überwältigend. Ständig achten wir auf unsere Geschwindigkeit, denn unbewusst assoziieren wir den weißen Untergrund mit Eis. In der Mitte des Salzsees treffen wir auf eine kleine Insel mit ein paar Kakteen. Im Windschatten bauen wir unser Lager für die Nacht auf und werfen den Grill an. Am Mog wird nach dem Bremsbelagwechsel in Peru hinten eine Bremse heiss. Wir nutzen die Gelegenheit und stellen das Lüftspiel neu ein. Nach und nach richten sich alle an diesem traumhaften Ort ein und wir geniessen gemeinsam den Abend in dieser einmaligen Umgebung.

Rosita und Manfred mit dem Magirus verlassen unsere Gruppe leider bereits am nächsten Tag, kurz hinter dem Salzsee. Sie biegen nach Argentinien ab. Insgesamt rechnen wir mit den verbleibenden vier Fahrzeugen gut eine Woche für die nun kommende Lagunenroute. In den nächsten 500km offroad geht es bis über 5000m hoch und hinter jeder Kurve wartet ein neues Naturwunder. Die unglaubliche Schönheit der Landschaft ist unbeschreiblich. Wie ein anderer Planet erscheint uns die Erde hier oben, die Farben, die Luft – es ist ohne Zweifel die schönste Region, die wir je bereist haben. Diese Eindrücke werden ein Leben lang bleiben. Aber Fotos sagen tausendmal mehr, als wir hier beschreiben könnten (und auch die geben leider nur einen Bruchteil der fantastischen Atmosphäre wieder) deshalb gibt’s zur Abwechslung mal eine längere Bilderstecke und weniger Worte. Es war einfach ein fantastisches, kleines Abenteuer mit sehr lieben Menschen in einer atemberaubenden Umgebung. 

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Fliegender Fiat

Nach etwa einer Woche erreichen wir den höchsten Grenzposten der Erde. Auf 5023m Höhe lassen wir unsere Pässe ausstempeln und fahren dann gemeinsam durch das Niemandsland Richtung Chile. Es hat uns sehr großen Spaß gemacht in dem kleinen Konvoi zu Reisen und wir beschließen auch die nächsten Tage noch zusammen weiter zu fahren. Jonathan hat sich als Meister hinter dem Lenkrad des Fiat erwiesen und ist kein einziges Mal stecken geblieben. Dank guter Spurwahl und vorausschauendem Fahren ging alles ohne Allradantrieb, auch wenn es eigentlich ständig grenzwertig war und immer wieder Streckenabschnitte kamen, die wir zuvor als unöglich für das Fahrzeug eingestuft hatten. Die Nächte waren eisig kalt, bis auf -7 Grad ist das Thermometer gefallen und unsere Standheizung musste ständig eingeschaltet bleiben, da sie bei kaltem Motor nicht mehr angesprungen ist. Aber wir sind ehrlich erstaunt, dass sie auf 5000 Meter überhaupt noch funktioniert hat. Nach dem Grenzposten beginnt der langsame Abstieg. San Pedro de Atacama in der Atacamawüste ist unser nächstes Ziel und unser Konvoi setzt sich wieder in Bewegung. Aber da dieser Ort bereits in Chile liegt, gehört das in den nächsten Blogeintrag… 🙂

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2 Responses to “Bolivien”

  1. Reiner Plonka Says:

    Hallo Karina und Olli,

    ich bin immer wieder begeistert von den tollen Bildern in eurem Blog. Ich denke dies sind die absolut BESTEN Bilder überhaupt!
    Habt ihr mit dem Mog in den großen Höhen nicht Schwierigkeiten mit Kühlerwasser oder Motorleistung?

    Habe mir übrigens in eBay eine Scherenleiter „geschossen“. Nicht das gleiche Modell wie ihr habt, aber ich hoffe, dass ich das auch so hinbekomme wie ihr. Vielen Dank nochmals für den Tipp!

    Wünsche euch noch eine gute und unfallfreie Reise.

    Viele Grüße aus Burgfarrnbach

    Reiner

  2. Thekla Stricker Says:

    Hallo Carina, hallo Olli,
    mit großem Interesse habe ich Eure Reiseberichte gelesen, besonders die letzten beiden von Peru und Bolivien haben mich begeistert. Bis auf 5.000 m mit dem Mog zu fahren, nicht zu fassen. Bin gespannt, was Ihr alles in Chile erlebt.
    Liebe Grüße, Thekla aus Meppen


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